Ohne JavaScript funktioniert das nicht, bitte Scripte zulassen Michael Koehn - Sahara

Trans - Sahara - Tour   » 2 «

Dienstag, 22.4.80

50°C, sonnig, 234 km

Bild: WechselgeldNach dem Früh­stück (Kaffee, Tomaten und je eine Scheibe Knäcke­brot) fuhren wir gegen 6:00 Uhr weiter zur Grenz­station von Niger, Assamaka. Dort mussten wir unsere Pässe und Zu­lassungen ab­geben sowie die Lkws ab­stellen. Wir stellten sie an einen schattigen Platz, wurden aber auf­gefordert sie in prallen Sonne zu fahren. Dort mussten wir unser Gepäck voll­ständig ent­laden und aus­packen, die Werk­zeug- und die Leben­mittel­kiste öffnen und alles durch­schnüffeln lassen. Nach einer guten halben Stunde waren die Beamten von unserer Harm­losig­keit über­zeugt, wir durften unseren Kram wieder ein­packen, bekamen unsere mit dem wich­tigen Stempel versehenen Papiere und durften weiter­fahren.

Wir verab­schiedeten uns groß­artig von den Hamburgern, kamen dann aber doch nicht los, weil der Käfer nicht ansprang. Nach einiger Tüfte­lei und ca. ½ Stunde ging es doch end­lich weiter. Schon nach einer Stunde jedoch wurden wir erneut zum Halten gezwungen, da meine Kühl­wasser-Tempera­tur auf knapp 110°C ge­stiegen war. Ich füllte also unter mäßigen Schwierig­keiten Wasser nach und wir konnten weiter.

Bild: Wir sitzen im Schatten unter dem Lkw Nach 15 Kilo­metern sahen wir einen alge­rischen Lkw am Pisten­rand und hielten an, um zu helfen. Wir ver­kauften ihm ca. 40 Liter Diesel für 1.000 CFA (ca. 10,00 DM in der an den France ange­lehnten lokalen Wäh­rung) und der Fahrer lud uns zu einem Ricard ein, sein Bei­fahrer und "Diener" machte Tee und wir tranken und rauchten. Dieser arabisch-stämmige Lkw-Fahrer hatte tat­säch­liche einen Diener, einen Far­bigen, der aufs Wort ge­horchte und sich, wenn nichts zu tun war, zurück­zog.

In der Zwischen­zeit kam ein anderer Lkw vorbei, hielt und unser Freund ver­steckte die Ricard-Flasche (Moslems war und ist Alkohol nicht gestattet), bevor er auch von diesem Kolle­gen ein paar Liter Diesel schnorrte. Später zeigte er uns den Zweit­tank seines Fahr­zeuges, der wohl­gefüllt war. So schien er sein Gehalt aufzu­bessern: Diesel vom Arbeit­geber bezahlen lassen, aber auf Kosten der Hilfs­bereit­schaft anderer den Tank füllen.

Als wir nach einer guten Stunde, um ca. 13:30 Uhr, weiter­fahren, haben wir ordent­lich einen in der Krone. Wir hatten nur spär­lich gefrüh­stückt und nun zusammen mehr als eine Flasche Ricard getrunken, bei über 50°C im Schatten. Sehr weit kamen wir auch diesmal nicht, denn schon nach weiteren 50 Kilo­metern war die Temperatur meines Kühl­wassers wieder auf über 110°C ge­stiegen. Wir hielten und füllten unser letztes Wasser nach (Trink­wasser hatten wir selbst­ver­ständlich noch). Bild: Offene Motorhaube und ich, mit einer (nicht sehr) kühlenden, feuchten Decke Wir beschlossen, noch nicht weiter­zufahren, weil es auf der einen Seite sehr heiß war und wir -auf der anderen Seite- noch den Alko­hol im Blut hatten, der den Kreis­lauf zusätz­lich belastete. Außer­dem wehte mir immer noch die erhitze Luft aus dem Motor­raum in die Fahrer­kabine, die Tempera­tur im Führer­haus dürfte in­zwischen 70-80°C be­tragen haben. Ich hatte mir eine nasse Decke umge­hängt, aber es war trotzdem zu heiß. Die Decke brachte auch kaum Feuch­tigkeit in die Luft. so dass man kaum schwitzte und auch von dieser Seite keine Ab­kühlung zu erwarten war.

Bild: Am Kamelbrunnen Um 17:00 Uhr geht es weiter. Meine Wasser­temperatur steigt zwar wieder bis auf 100°C aber wir erreichen den nächsten Ort, In Abangarid. Dort müssen wir, wie in jeder "Stadt" in Niger, unsere Pässe und inter­nati­onalen Zu­las­sungen vor­legen. Während wir auf die Rück­gabe der Papiere warten, tanzen un­unter­brochen Ein­geborene um uns herum und wollen uns entweder irgend­welchen Tand ver­kaufen oder betteln um eine "Gâteau" (Geschenk). An­schließend fuhren wir zu einem Kamel­brunnen in der Nähe, um Kühl­wasser für meinen Wagen zu besorgen, mussten aber die Hilfe eines Einge­borenen in An­spruch nehmen, weil wir mit unserem Eimer und einem (zu) kurzen Seil nicht an die Wasser­ober­fläche reichten. Nach längerer Debatte bekamen wir von dem jungen Einge­borenen vier Eimer Wasser im Tausch gegen ein Paar (schmutzige) Socken.

Dann ging es weiter, teil­weise durch Steppe, die mit Büschen be­standen war, die aus­sahen, als seien sie voller Rau­reif. Es handelte sich aller­dings um Stacheln oder Dornen, die so groß und fest waren, dass sie sogar unseren Reifen äußerst gefähr­lich werden konnten. Man musste höllisch auf­passen, nicht über einen abge­rissenen Zweig oder sogar über einen ganzen Busch zu fahren.

40 Kilometer hinter In Abangarit hielten wir, aßen zu Abend und tranken Ricard, den wir von dem Lkw-Fahrer in einer kleinen Cola-Flasche mitbe­kommen hatten. Vor dem Zubett­gehen mussten wir noch den Reifen­druck von Bernds VW auf den Normal­stand bringen, da die Piste wieder fester wurde. Ich reparierte außer­dem den Kühler­schlauch meines Lkws, obwohl der Sinn dieser Aktion frag­lich war, da der Kühler selbst auch einige Löcher hatte.

Mittwoch, 23.4.80

50°C, sonnig, 342 km

Um 5:00 Uhr weckte Peter uns, wir früh­stückten und tranken unseren letzten Rest Kaffee. Dann ging es weiter. In Tegguidda-In-Tessoum holten wir Wasser, natür­lich nach der üb­lichen Pass­kontrolle. In jedem Ort und an jedem Brunnen, den wir unter­wegs passierten, füllte ich meinen Kühler auf.

Bild: Sanddünen Um 14:00 Uhr erreichten wir ein namen­loses Dorf, nachdem wir stunden­lang auf einer serpen­tinen­artigen Piste gefahren waren, die sich durch Fels- und Stein­wüste und durch zahl­reiche, staubige Wadis schlängelte. In diesem Kaff mussten wir uns erzählen lassen, dass wir leider falsch gefahren waren. Bevor wir um­kehrten, versuchte ich noch, den Vorrats­behälter meines Kühlers aus­zubauen, um einige Lecks zu elimi­nieren und ggf. den Haupt­fehler zu finden. Nach­dem meine Bastelei zu keinem ver­nünf­tigen Er­gebnis ge­kommen war, fuhren wir die ganze Sch… Strecke wieder zurück, mit allen Kurven, über Schotter und Geröll und durch den vom Vorder­mann aufge­wirbelten Staub, der diese trockene Hitze noch uner­träglicher machte.

Plötzlich kam Peter nicht mehr weiter. Die Benzin­leitung seines Trucks war ver­stopft. Wir bliesen die Lei­tung mittels der Reife­nfüll­anlage (Luft­brems­system) durch und saugten dann mit der Hand­pumpe wieder Diesel zum Motor. Nach einer halben Stunde konnten wir weiter­fahren.

Bild: Eine Weggabelung mit Wegweiser Einen Kamel­händler, der sein Domizil am Weges­rand aufge­schlagen hatte, fragten wir nach dem Weg nach Agadez. Er schickte als Führer eines seiner Kinder in Peters Lkw mit. An einer Weg­gabelung (mit Weg­weiser!) setzten wir unseren kleinen Pfad­finder wieder ab, als Lohn für seine Dienste bekam er ein T-Shirt von mir.

In einem weiteren "Dorf", dies­mal auf dem richtigen Weg, füllte ich wieder Wasser auf, als wir gefragt wurden, ob wir zwei Bewohner mit nach Agadez nehmen könnten. Wir willig­ten ein, da wir den Weg ohnehin nicht kannten und es hier auch weder Weg­weiser noch "Leit­pfähle" (wie in Algerien) gab. Außer­dem hatte sich die Piste bisher sehr oft ge­gabelt und wir wollten nicht noch mal knapp 200 km "Umwege" fahren. Unsere Fahr­gäste, ein Ehepaar, luden nahezu ihren gesamten Haus­stand auf meine Lade­fläche und stiegen an­schließend selbst dort auf.

Dann fuhren wir los, 100 Meter weit, denn Peters Lkw streikte. Wir versuchten es mit allen uns bekannten Tricks ein­schließlich An­schleppen, aber nichts passierte. Nach einer mittel­langen Diskus­sion beschlossen wir, ihn bis Agadez zu schleppen, was aber bereits in der ersten Sand­strecke scheiterte.

Wir aßen erst­mal zu Abend und beschlossen dann, dass Bernd und ich mit unseren Fahr­zeugen nach Agadez fahren und dort einen Abschlepp­wagen besorgen sollten. Peter sollte bei seinem Truck warten (mit seiner Angst vor Geiern, Kojoten, Skorpionen und Einge­borenen). Um 22:00 Uhr brachen wir (Bernd, die Anhalter und ich) dann auf, nicht ohne Peter vorher "Alle Gute" gewünscht zu haben (Ich würde auch nicht gerne allein in der Wüste rumstehen müssen).

Auf der Fahrt musste ich den VW einmal frei­schleppen, an­sonsten hatte ich mit meinen Wagen selbst genug Probleme. Durch die unter­tourige Fahre­rei im schwie­rigen Gelände bei Dunkel­heit wurde der Motor viel zu heiß. Das Gelände war so unüber­sichtlich, dass ich einmal aus Ver­sehen eine Fels­kante von ca. 50 cm Höhe herunter­fuhr (es krachte ordent­lich).

Dann erreichten wir Asphalt­straße und nach 40 Kilo­metern waren wir in Agadez. Unsere Passa­giere stiegen mit allen ihren Hab­selig­keiten aus und wir beide fuhren im Käfer in die Stadt und kauften Zigaretten, Kekse und -in einer der ört­lichen Disko­theken(!) zwei Dosen holländisches, leider lau­warmes Bier. Gegen 1:00 Uhr begaben wir uns zur Ruhe.

Donnerstag, 24.4.80

55°C, sonnig, 480 km

Erst um 7:15 Uhr wachte ich auf, Bernd schlief noch. Ich war am Vor­abend sehr gut einge­schlafen, was wohl nur zum Teil an den An­stren­gungen der Reise, zum grö­ßeren Teil an dem -zwischen­zeitlich- unge­wohnten Bier (lau­warm und eine wenig wie Sekt schmeckend) gelegen hatte. Während ich darauf wartete, dass Bernd die Augen auf­schlug, sah ich dem Treiben am Stadt­rand zu, wo wir unsere Fahr­zeuge geparkt hatten. Es ab sehr viele Mofas, ver­hältnis­mäßig viele Autos, aber auch Leute, die auf Eseln ritten. Aber es gab aus­schließ­lich Schwarze, aller­dings sehr unter­schied­lich gekleidet: Manche europäisch, mit Anzug, einige etwas dandy­haft, beige Hose zu gelbem Hemd und -welche Albern­heit im Sand- Plateau­schuhe. Andere trugen die eher orien­talische Lande­stracht: Weite Umhänge, Turbane und manche sogar ein Schwert an der Seite.

Nachdem Bernd aufgewacht und wir gewaschen waren, fuhren wir in die Stadt, um einzu­kaufen. Unter­wegs sprach uns ein "Typ" an und fragte, ob wir eine Garage (Werk­statt) brauchten. Wir bejahten, wollten aber zuerst früh­stücken. Darauf­hin ent­wickelte sich der "Typ" zu unserem stän­digen Be­gleiter, Fremden­führer und Berater, zum Glück sprach er englisch. Wir früh­stückten in einem -für uns- merk­würdigen Restaurant: Die Wände waren beklebt mit allen mög­lichen Postern und Bildern von Filmstars, Politikern und Helden­taten der nigeri­anischen Regie­rung. Ein Radio im Gast­raum spielte orienta­lische Weisen, aus der Küche klang europä­ische Pop­musik. Unsere Mahl­zeit bestand aus Fleisch, Kartoffeln, Sauce, Brot, Nescafé und Eis­wasser (Peter hätte die Hälfte davon verschmäht, es war ja alles nicht de­sinfi­ziert).

Nach dem Früh­stück wechselten wir in einer Bank 200 US-Dollar in 42.000 CFA, gingen zur Polizei, füllten dort Anmelde­karten aus und sollten nach einer Stunde wieder­kommen, um unsere Pässe abz­uholen. Wir nutzten die Zeit, um einzu­kaufen. Unser Fremden­führer brachte uns zu einem Mann mit einem Lkw (Berliet), der für Ab­schleppen und Repa­ratur 120.000 CFA (also umge­rechnet 1.200 DM) haben wollte, was wir aber weder bezahlen woll­ten noch konn­ten. So wurden wir zu einem anderen Mechaniker geführt, der nach langer Verhand­lung bereit war, den Lkw für drei Auto­radios, zwei Taschen­rechner und 300 DM in bar nach Agadez zu schleppen.

Unser "Typ" führte uns nun zu einem Hotel­besitzer -von allen "Patron" genannt- der uns anbot, uns einen Mechaniker mitzu­geben. Als Lohn verlangte er drei Autoradios, zwei Taschenrechner und zwei neue Lkw-Reifen. Wir willig­ten ein. Nachdem wir in diesem Hotel-Restaurant noch aus­giebig und sehr gut ge­gessen hatten (Steak, Pommes Frites, Zwiebeln, Brot und kühles Bier), fuhren wir mindes­tens eine Stunde kreuz und quer durch die Stadt, um Benzin und Kühl­wasser zu bekommen. Unserem "Führer" war keine Tank- oder Wasser­stelle recht, bis wir zu einem Privat­mann kamen und das Gesuchte erhielten. Dann brachen wir mit fünf Mann Be­gleitung zu Peter auf.

Um 18:00 Uhr hatten wir ihn ge­funden und schon nach 20-30 Minuten hatte der Mecha­niker mit seinen Ge­hilfen den Schaden behoben und wir fuhren gemeinsam zurück nach Agadez, wo wir alle gemein­sam ein Bier tranken und rauchten. Die Streich­hölzer müssen - wie alles, wirklich alles - einge­führt werden, meist aus Nigeria.

Danach machten wir dem "Patron" klar, dass wir ihm ein Radio und einen Rechner sofort geben würden, den Rest sollte er am nächsten Tage bekommen. Als Pfand wollten wir meinen Lkw auf seinem Hof stehen lassen. Peters Lkw wollten wir -wegen der Möglich­keit, auf der Lade­fläche zu schlafen- mit­nehmen. Leider sprang er schon wieder nicht an, so dass wir ihn stehen ließen und meinen Truck mit­nahmen. Wir besprachen bei einigen Bierchen noch unsere weiteren Schritte, bevor wir uns zur Ruhe begaben. Ich suchte mir eine einiger­maßen saubere Ecke auf der Lade­fläche zum Schlafen, Peter über­nachtete -aus Angst vor allem und jedem- im verriegelten Führer­haus.

Freitag, 25.4.80

50°C, sonnig

Nachdem wir morgens unsere Katzen­wäsche beendet hatten, fuhren wir in die Stadt und gingen in unser "Stamm-Früh­stücks-Lokal", wo uns der Chef gleich fragte, ob wir Kaffee wollten (Kaffee zum Früh­stück ist dort eigent­lich nicht üblich). Zum Essen gab es Reis, Kartoffeln, Fleisch und Sauce, dazu Eiswasser.

Gegen 9:00 Uhr wollten wir die Forma­litäten für Peter bei der Polizei erle­digen und erfuhren, dass wir seinen Pass erst um 15:00 Uhr abholen könnten. Zurück im Hotel, erklärten wir dem Patron, dass die Reparatur schlecht ausge­führt worden war und wir nicht bezahlen wollen. Wir sollten "ein paar Minuten" (schluss­endlich bis 11:00 Uhr) warten, dann kam ein Mechaniker und erklärte uns, wie wir die Reparatur selbst aus­führen könnten.

Somit bauten wir auch die beiden übrigen Auto­radios aus und wuch­teten Peter und meinen Ersatz­reifen von den Lkws. In der Zwischen­zeit meldete sich ein Interessent für den grauen, meinen Lkw, der nach zähen Verhand­lungen 500.000 CFA zahlen wollte (ca. 5.000 DM, der Preis, den die Firma in Deutsch­land dafür bezahlt hatte, obwohl er schon damals höchstens die Hälfte wert war).

Der Patron war mit den Ersatz­reifen nicht zufrieden, so demontierten ein paar Einge­borene Peters Vorder­rad, während ich die Werk­zeug­kiste von meinem auf Peters Lkw schraubte und auch den übrigen Krempel umpackte. Nach­dem der Patron nun zufrieden war, kam er mit dem Mechaniker an, erzählte, dass dieser ein guter Mechaniker sei und ver­langte, wir sollten ihm unseren einzigen 30/35" Schrauben­schlüssel für 2.200 CFA verkaufen. Wir ver­langten zwar 3.000, aber Peter gab ihn dann doch -aus lauter Dank­barkeit und Töfe­ligkeit- für umge­rechnet 20 DM weg.

Um auf den Mann mit dem Geld für den Lkw zu warten, gingen wir in die Hotel­bar, tranken Bier und wollten die leeren Flaschen vom Vor­abend zurück­geben. Erst nach längerer Dis­kussion (wir hatten ange­blich keinen "Pfand­schein"), bekamen wir unsere 2,50 DM Pfand­geld.

Um 14:30 Uhr erfuhren wir auf der Polizei­wache, dass Peters Pass nun erst um 17:00 Uhr abgeholt werden könnte. Also fuhren wir zurück ins Hotel SAHARA, um den Lkw-Deal zum Ab­schluss zu bringen. Leider er­fuhren wir dort, dass es sich unser Kunde anders über­legt hatte. Also mussten wir wieder zur Bank. Wir wech­selten 500 Dollar und machten einen Schau­fenster­bummel. In Agadez gab es wirk­lich alles: Von den bereits e­rwähnten Disko­theken, Auto­geschäfte, einen riesigen Platten­laden mit Tau­senden von euro­päischen und ameri­kanischen Scheiben sowie allen erdenk­lichen Phono­geräten bis hin zu Restau­rants, Friseuren und anderen Geschäften. Kurzum, wir waren in einer wirk­lichen Stadt -im Wort­sinn- mitten in der Wüste.

Da wir nun absolut keine Lust mehr hatten, mit unseren "Geschäfts­partnern" noch öfter zusammen­zu­treffen, fuhren wir zu einem ca. 10 Kilo­meter ent­fernten Camping­platz. Meinen Lkw ver­steckte ich etwas außer­halb hinter einigen Felsen, um Gebühren zu sparen. Leider vergaß ich alle Papiere und unser Geld dort, musste also noch mal zurück­laufen.

Dieser Camping­platz war eine wahre Oase: Es gab dort Bäume, Schatten, einen Swimming­pool, Duschen (durch­löcherte Eimer, die an der Decke montiert und mit Absperr-Schiebern versehen waren), fran­zösische Toiletten und vieles mehr. Auf dem Platz lernten wir eine Reise­gruppe kennen, die -von London kommend- an einem Trans-Sahara-Trip teilnahmen, zusammen­gepfercht in Range-Rovers. Die Leute kamen aus den unter­schied­lichsten Ländern: England, USA, Kanada, Australien und Österreich.

Eine allein reisende Ameri­kanerin (Barbara), die schon einmal drei Jahre in Afrika gelebt hatte, beschließt, sich uns bis In Gall anzu­schließen. Wir sind gerne damit einver­standen, schon deswegen, weil sie wesent­lich besser fran­zösisch spricht, als wir mit unseren (mangel­haften) Schul­kenntnissen.

Ich kaufe noch eine ver­nähte Ziegen­haut für herunter­gehandelte 55.000CFE (55 DM). Man konnte Trink­wasser ein­füllen, welches sehr schnell kühl wurde, da die Feuch­tigkeit durch das Leder nach außen drang und dort ver­dunstete. Im Gegen­satz zu Peters Befürch­tungen schmeckte das Wasser auch nicht nach Ziege.

Abends aßen wir direkt dort auf dem Platz (sozu­sagen Voll­pension): Suppe, Brot, Leber­käse, Kamel­steak (hervor­ragend!) und Ananas. Später unter­hielten wir uns bei ein paar Bierchen bis spät in die Nacht.

Samstag, 26.4.80

45-50°C, sonnig, 142 km

Nach dem Auf­stehen früh­stücken wir zusammen mit Barbara, aller­dings nur Kaffee und ver­trödeln dann den Vor­mittag mit Faulenzen, Reden und Baden in dem -mit Fröschen und kleinen Fischen bevöl­kerten- Swimming­pool.

Bild: Peter, Michael und die wassergefüllte Ziegenhaut Um 11:00 Uhr fuhren Bernd und Peter mit Barbara in die Stadt, um ihr Gepäck zu holen und Wasser und Lebens­mittel zu besorgen. Ich habe in der Zwischen­zeit Wäsche gewaschen und versucht, die kläglichen Reste unseres Abschlepp­seils wieder zu einer gebrauchs­tüchtigen Einheit zusammen zu basteln. Außerdem beobachtete ich die fremd­artigen, laut zwit­schernden Vögel, die mich schon am Morgen geweckt hatten.

Nachdem die drei von Ihren Besor­gungen zurück­gekehrt waren, tranken wir ein Bier, kühlten uns im Pool ab, packten zusammen und fuhren zu meinem Lkw. Ich hatte ihn so gut versteckt, dass Peter ihn zwischen den Felsen nicht entdeckte, bis wir direkt davor standen. Von dort fuhren wir zum Tanken in die Stadt.

Von den vier Tank­stellen am Ort hatten nur zwei geöffnet. Ich tankte und füllte Wasser in die Kühl­anlage. Als Peter tanken wollte, gab die Zapf­äule ihren Geist auf. So mussten wir zu der anderen geöffneten Tank­stelle verholen, Peter tankte dort und wir bezahlten umger­echnet DM 1,12 per Liter. Dieser Preis machte uns deutlich, dass man uns bei der "Privat­tankstelle", an der wir zwei Tage vorher mit unserem "Fremden­führer" gewesen waren, gehörig beschissen hatte: Dort hatten wir ca. DM 1,70 für einen Liter hin­legen müssen. Um 17:00 Uhr kamen wir dann endlich los, vorerst nur bis zur Pass­kontrolle am Ort­sausgang, die wir aber anstands­los passierten.

Nach 45 Kilometern war die angenehm zu befah­rende Asphalt­straße zu Ende und wir mussten wieder die Vibra­tionen der Well­blech­piste ertragen. Ungefähr drei Kilo­meter von In Gall -es war zwischen­zeitlich dunkel geworden, konnte ich nicht mehr weiter­fahren, da meine Schein­werfer nicht ordent­lich funktio­nierten: Der linke hatte einen Wackel­kontakt (ging dauernd an und aus), der rechte strahlte den Himmel an. Auch das Kühl­wasser hatte -trotz der nächt­lich gemäßig­ten Temper­aturen- bereits wieder die 120°C-Marke erreicht und das Motor­öl begann, zu ver­dampfen.

Außerdem war die Verrie­gelung der seit­lichen, linken Lade­bord­wand defekt und die Klappe knallte alle paar Kilo­meter hin­unter und scheuerte am Reifen. Da wir bereits 40 Kilo­meter vorher einem einhei­mischen Lkw beim Reifen­flicken geholfen hatte, war es nun 22:00 Uhr und stock­dunkel geworden. Trotz­dem schafften wir es, die Schäden an meinem alten, grauen Lkw not­dürftig zu richten und er­reichten um 23:00 In Gall.

Als wir auf dem Markt- / Dorf­platz standen, um auf Peter zu warten (er hatte einen Anhalter mitge­nommen, den er nun nach Hause fuhr), kam ein Polizist, wünschte uns einen guten Abend, zeigte uns die Polizei­station und ging wieder von dannen, nachdem er sich noch gewundert hatte, wo wir so spät herkämen. Das war der erste freund­liche Polizist, den wir bisher in Afrika getroffen hatten!

Nachdem Peter wieder zu uns ge­stoßen war, gingen wir also zur Polizei­station zu "unserem" Polizisten. Er sah sich aller­dings nur Barbaras und Bernds Pass an und meinte, alles sei OK.

Wir fuhren noch einige Meter die Dorf­straße ent­lang, kauften unter Schwierig­keiten vier Dosen warmes (fast heißes) Bier und aßen zu Abend (Tomaten von Barbara, Suppe, Brot und Kaffee). Später verkroch sich Peter in sein Führer­haus, ich half Barbara auf Peters Lade­fläche und unterhielt mich noch etwas mit Bernd, bis wir uns gegen Mitter­nacht auch aufs Ohr legten.

Sonntag, 27.4.80

50°C, sonnig, 143 km

Bereits um 6:00 Uhr wachte ich auf und ver­voll­ständigte meine Tage­buch­notizen. Danach ging ich an meine zu diesem Zeit­punkt bereits täg­liche Beschäf­tigung: Die Repara­tur meines Lkw. An diesem Morgen ent­fernte ich mit Hilfe eines Schrauben­drehers (als Körner und / oder Meißel benutzt) eine der drei abge­brochenen Halte­schrauben des Allrad-Getriebes, baute die Tritt­stange unter der Stoß­stange von Peters Lkw ab und hatte damit die benötigte 10er Schraube für mein Getriebe.

Als das erle­digt war, begann ich, meinen Kühler ausein­ander zu nehmen, um die größ­ten Lecks abzudichten. Zwischen­durch gab es Früh­stück, wobei uns -wie die ganze Zeit- mindestens die Hälfte der Dorf­jugend staunend um­ringte. Nach­dem meine Arbeiten am Kühler beendet waren, verab­schiedeten wir uns von Barbara, ergänzten am Orts­ausgang noch unsere Wasser­vorräte (gegen umge­rechnet 10 DM) und fuhren gegen 11:00 wirklich los.

Auf der Puder­zucker-Piste (wenn man aus­stieg, versank man bis zu den Knöcheln im Sand) blieb der Käfer häufig stecken und wir mussten unter sengender Sonne den glühend-heißen Wagen schieben. Wir legten Hand­tücher oder Lappen auf das Blech, um keine Brand­blasen zu bekommen. An einer Stelle, an der die Piste besonders schlimm war, kamen plötzlich Kinder -eine ganze Horde- und boten uns an, eine bessere Piste zu zeigen. Wir willig­ten ein, zahlten 2.000 CFA (20 DM), der Führer der Kinder­schar stieg zu Bernd in den VW und fünf oder sechs der Gören quetschten sich in mein Führer­haus. Nach mehreren Zwischen­stopps, die der "Führer" einlegte, um Freunde zu begrüßen (und wohl mit uns anzu­geben), landeten wir wieder auf einer Piste. Jetzt wollten die Kleinen noch "Geschenke" und bekamen ein Paar Socken, um sie zum Aus­steigen zu bewegen. Später merkte ich, dass sie auch mein Hand­tuch hatten mitgehen lassen.

Je süd­licher wir kamen, umso mehr Bewuchs was zu sehen, hier war der Boden schon über weite Strecken mit "Gras" bedeckt und es wuchsen verschie­dene Arten von Bäumen und Sträu­chern, aller­dings sehr karg und klein­gewachsen. Ab und zu sahen wir auch kleine Tiere, die unseren Eich­hörnchen ähnlich sahen. Die Menschen hielten hier -neben Kamelen und Ziegen- auch zuneh­mend Rinder.

Gegen 19:00 Uhr erreichten wir eine Straßen­bau­stelle und nahmen an, dass wir nun bald wieder Asphalt vor­finden und die Fahrt ein­facher würde. Zunächst machten wir uns jedoch für die Nacht fertig und berat­schlagten über unsere Probleme: Der Wasser­sack hatte sich ein Loch gerissen, als wir ihn während der Fahrt zwecks besserer Kühlung außen an der Tür ange­bracht hatten. Dadurch hatten wir ca. 4 Liter Trink­wasser verloren.

Noch schlimmer war aller­dings mal wieder mein All­rad­getriebe. Die Halte­rung, die ich erst am Morgen repariert hatte, war mitsamt dem Rahmen abge­rissen, das Getriebe wurde also nur noch von der Kardan­welle gehalten. Wir beschlossen, eine provi­sorisch Halte­rung aus einem alten Bett­gestell zu bauen, dass wir am Weges­rand gefunden hatten.

Doch zuerst aßen wir zu Abend und tranken Milch (aus Pulver) und begaben uns zur Ruhe. Doch an Schlaf war nicht zu denken: Schon während des Abend­brotes hatten sich drei Einge­borene keine zwei Meter von uns entfernt nieder­gehockt und starrten uns seitdem ununter­brochen an. Außer­dem quietschte die Förder­mechanik eines Brunnens in der Nähe und auch die Ochsen, die diesen in Gang hielten, brüllten. Das ging die ganze Nacht hindurch, wir bekamen kaum in Auge zu.

Montag, 28.4.80

45°C, heiter, 194 km

Durch den Lärm des Brunnens wachte ich schon gegen 5:30 Uhr auf. Ich döste noch ein paar Minuten und machte mich dann an den Ver­such, mein All­rad-Getriebe wieder an die Stelle zu bekommen, wo es hin­gehörte. Nachdem ich das Bett­gestell, welches als Halte­rung dienen sollte, aus­einander­gesägt hatte, gab es Früh­stück.

Es stellte sich dann heraus, dass wir unseren Plan nicht verwirk­lichen konnten, da es uns mangels ent­sprechen­dem Werk­zeug nicht gelang, die Teile des Bett­gestells in Form zu biegen. Also baute ich eines der Draht­seile ab, welche die Lade­fläche des Lkw in ge­kipptem Zu­stand sichern, schlang es um das Getriebe und sicherte die "Kon­struk­tion" mit Schäkeln am Chassis.

Wenn das wenig­sten das einzig "Wehweh" meines Trucks gewesen wäre! Aber auch das Schalt­getriebe und die meisten Differen­ziale verloren Öl, die Arma­turen-Tafel kippte dauernd auf die Lenk­säule, die Instru­mente funk­tionierten nicht oder nicht mehr, usw. usw. usw.

Um halb zehn ging es dann weiter. Mein Lkw schnaufte, das Getriebe knarrte und knackte, schaffte es aber bis Abalak. Wir tranken ein Bier und hörten einem Musi­kanten zu der auf einem Banjo-ähn­lichen Instrument spielte, dazu sang und neben­bei irgend­welche Rausch­mittel zu sich nahm.

"On the road again", begann end­lich Asphalt, ca. 160 km vor Tahua, aber mein Lkw war wohl end­gültig am Ende: Das Getriebe hatte soviel Öl ver­loren, dass es trocken­lief, das All­rad-Getriebe hing schon wieder fast auf der Straße und ich konnte kaum schneller als 30 km/h fahren. Wir versuch­ten, den Lkw zu schleppen, aber auch das hatte keinen Sinn, da durch die bis­herige Strecke beide Fahr­zeuge so "geschwächt" waren, dass auch das Gespann -Peters Lkw vorne, meiner hinten- nicht schneller als 30 km/h war.

So beschlossen wir schwe­ren Herzens, den Lkw stehen zu lassen. Ich tat mich besonders schwer, nicht nur, weil ich dann selbst kein Fahr­zeug mehr hätte, auch weil ich bei all diesen Repara­turen doch in den paar Tagen mehr ge­lernt hatte, als ein Mecha­niker-Lehr­ling im ganzen ersten Jahr seiner Aus­bildung. Wir pump­ten den rest­lichen Treib­stoff in Peters Tank und ver­steckten ihn etwas abseits der Straße, da wir in Tahua versuchen wollten, ihn als "Ersatz­teil­lager" zu ver­kaufen.

Auf der Weiter­fahrt in Peters Lkw schlief ich, wenn wir nicht gerade wieder mal von der Straße auf ein Stück Piste mussten, um eine nicht fertig­gestellt Brücke zu um­fahren, die später einmal wohl die Wadis über­führen sollten.

In Tahua gingen wir als erstes ein Bier trinken und dann noch eins und dann fuhren Bernd und ich zum Ein­kaufen. Auf einem Basar bekamen wir sehr gün­stig Ananas, Kokos- und Erd­nüsse, Zwiebeln, Brot, Brüh­würfel und Zigaretten. Anschließend gingen wir zurück in die Bar des ört­lichen Hotels (ein Gebäude im Kolonial­stil, wie im Film "Casablanca", mit riesigen Venti­latoren an der Decke) und ver­trieben uns die Zeit bis zum Essen mit ge­kühlten Ge­tränken. Wir wollten in diesem Hotel nicht über­nachten, meinten aber, uns ein richtiges Essen -mit Messer und Gabel, fertig serviert, am Tisch- verdient zu haben.

Bild: Teich in der Wüste Die Land­schaft sah hier schon wieder ganz anders aus: Wir waren kurz von Tahua durch ein mit Bäumen bestan­denes Tal gekommen, ein See lag idyllisch in der Land­schaft und alles sah (relativ) grün und saftig aus. Es zogen sich auch weite Garten­anlagen an der Straße entlang und alle paar Kilo­meter lag am Weges­rand ein Dorf, bestehend aus Lehm­hütten und Vorrats­speichern, die wie riesige Ton­krüge aussahen, denen man einen Stroh­hut auf­gesetzt hatte.

Zum Abend­essen gab es dann Steaks, Pommes Frites und Salat. Die Steaks waren sehr groß, die Mahl­zeit über­haupt sehr reich­lich. Nachdem wir noch ein wenig geknobelt hatten, gingen wir ins Bett (d.h. auf unsere rest­lichen Fahr­zeuge).

Dienstag, 29.4.80

45°C, bedeckt, windig, 547 km

Nach dem Früh­stück (Kaffee, Brot, frische Ananas - nicht im Hotel) füllten wir die Wasser­kanister auf und fuhren gegen 9:00 Uhr weiter. Die Vege­tation änderte sich zuse­hends: Hohes, gelb­liches Gras beherrschte das Bild, häufiger sahen wir Bäume, besonders in Tälern oder Senken. auch die Besied­lung wurde dichte, laufend passier­ten wir Dörfer (die hier sogar alle ein Ort­sschild vor­weisen konnten). Mitten im Dort befand sich meist eine Polizei­station mit "Schlagbaum" (ein mit Stoff-Fetzen ver­ziertes Seil, zwischen zwei alten Öl­fässern quer über die Straße gespannt). Dort musste man offiziell anhalten und sich melden. Oft sind wir aller­dings durch­gefahren, da die Polizisten selbst zu faul waren, jemanden zu kontrol­lieren und ihren "Schlag­baum" geöffnet hatten.

An manchen Stellen mussten wir dennoch mit der Geschwindig­keit herunter­gehen, wenn Rinder­herden die Straße über­querten, immer ein Rind nach dem anderen. Alle paar Kilo­meter versuchten Leute, Knüppel­holz zu ver­kaufen. Einige der "Holz­händler" hatten rund um ihren Stand alles nieder­gebrannt, wohl um zu ver­hindern, dass sich jemand sein Brenn­material selbst suchte.

In einem Ort, Dosso, wurden wir von einem Polizisten darauf hinge­wiesen, dass wir uns unbe­dingt im "Polizei-Haupt­quartier" melden mussten. Dort ange­kommen, lag der "Sheriff", schein­bar betrunken, auf einem Feld­bett in der Mitte des Raumes, direkt unter dem Venti­lator und stand erst auf, nachdem er sich verge­wissert hatte, dass dies unbe­dingt nötig war. Nachdem wir die obliga­torischen Melde­kärtchen ausge­füllt hatten, bekamen wir einen Zettel, der wohl so etwas wie der Passier­schein für den Orts­aus­gang sein sollte.

Wir kauften noch Kaffee, tranken kühles Bier und fuhren dann weiter. Bernd und Peter im Lkw, ich mit dem VW. Die Land­schaft würde zuneh­mend grüner: An der Straße zogen sich Wälder entlang, das Gras zeigte eine gesunde, kräftige Farbe, kurz­um, man merkte die un­mittel­bare Nähe des Flusses Niger.

Um ca. 10:00 Uhr hielten wir an, 10 km vor dem Grenz­ort Gaya und aßen zu Abend (selbstg­emachte Zwiebel­suppe, Brot Kaffee und Milch), eine Kokos­nuss zum Nach­tisch und gingen schon gegen 21:15 Uhr schlafen.

Mittwoch, 30.4.80

45°C, bedeckt, 145 km

Nach einer ruhigen und erhol­samen Nacht standen wir auf und früh­stückten, bevor wir nach Gaya fuhren. Nach dem Tanken ging es dann die paar Meter bis zum Niger und zur Grenz­station. Bild: Vor uns der Fluss Niger. An der Grenze gab es keinerlei Probleme, auch nicht wegen des fehlenden Lkw. Nach ca. ½ Stunde durften wir weiter und konnten den Niger über­queren.

Auf der Seite von Benin wurden wir durch­sucht und gefilzt und in die dortige Grenzstadt Malanville geschickt, um unsere Pässe abstempeln zu lassen. Dort angekommen, mussten wir erst auf einen hohen Polizei­offizier warten, der die Einreise­formulare einge­schlossen hatte. Während der Warte­zeit beobachteten wir ein sogenanntes "Bus-Taxi" einen ziemlich alten Peugeot 404, der anstelle des Fond einen Holz­verschlag montiert hatte, aus dem ca. 20 (in Worten: zwanzig) Personen ausstiegen, von dem Gepäck all dieser Personen auf dem Dach des Verschlages gar nicht zu reden. Das Problem solcher Schwert­transporte ließ sich an dem Chassis gut erkennen: Der Wagen war durch­gebrochen und mittels dicker Holz­bohlen, die mit dem Rahmen verbolzt waren, repariert worden.

Bild: Einreisestempel nach Benin. Beim Ausfüllen unserer Formulare half uns Horst, ein junger Stutt­garter, der den Weg durch die Wüste mit dem Fahr­rad zurück­gelegt hatte und den wir bis Cotonou mit­nehmen wollten. Horst sprach sehr gut Französisch, allerdings mit einem enormen, sogar für uns kaum erträglichen schwäbischen Akzent.

Nachdem die Formalitäten erledigt waren, gingen wir in einen absolut europäischen Super­markt und kauften -neben Keksen und Zigaretten- eine Flasche Johnny Walker für umgerechnet DM 9,00. Von diesen Super­märkten existierten in Benin eine ganze Reihe. Wahr­scheinlich von der DDR oder einem anderen "sozialis­tischen Bruder­land" finanziert, konnten sich die wenigsten Ein­heimischen -trotz der für unsere Verhält­nisse sehr günstigen Preise- einen Einkauf in so einem "Paradies" leisten. Verwundert fragten wir uns nur, woher das vergleichs­weise riesige Waren­angebot stammte (und wie dessen Kauf finanziert worden war). Auch ein Bier nahmen wir in der zum Super­markt gehörenden Bar zu uns.

Und weiter ging es, aller­dings nur bis zum über­nächsten Dorf. Hier sollten wir -bei der in Benin überall sehr gewissen­haften Kontrolle- die grüne Versicherungs­karte für den VW vorweisen. Es inter­essierte den Polizisten über­haupt nicht, dass diese Karte für Benin nicht gültig war. Wir mussten umkehren und uns in dem kurz vorher passierten Dorf ein "Laissez-Passer"-Papier besorgen. Nachdem wir dieses besorgt (für umgerechnet DM 42) und vorge­wiesen hatten, wurde uns mitgeteilt, dass es sich hierbei nicht um ein Versicherungs­dokument handelte sondern lediglich um eine Quittung für Straßen­benutzungs­gebühr.

Nach einer ziemlich langen Diskussion mit dem Polizisten (der sich selbst als "Chef de District" bezeichnete und sein Büro in Form einer Holzbank unter einem Baum im Freien hatte), wollte der Mann CFA 10.000 (ca. DM 100) von uns für eine Versicherung haben. Da wir CFA nicht in dieser Menge besaßen, boten wir ihm amerikanische Dollar an, die aber abgelehnt wurden. So gaben wir ihm FF 200 (ca. DM 85,00) und er fuhr mit seinem Mofa davon, um sich ein Bier zu besorgen.

Bild: Die Quittung Später machte er sich daran, Quittungen auszu­füllen. Da wir den "Preis" von CFA 10.000 für recht unver­schämt hielten -zumal wir davon aus­gingen, dass dieses Geld zumindest teil­weise in seiner eigenen Tasche landete- hatten wir darauf bestanden, eine offizielle Quittung zu erhalten. Die Formulare -noch unter der Überschrift Republique du Dahomey- die er vorliegen hatte, besaßen leider einen Eindruck 300 Francs (CFA), so dass er die stattliche Zahl von 33 Quittungen auszu­stellen hatte.

Bei der fünften Quittung war es bereits 14:30 Uhr (und wir hatten erst 50 km geschafft). Nach der zehnten Quittung hatte er keine Lust mehr und gab uns FF 100 wieder. Wir wollten eigent­lich darauf bestehen, weitere Quittungen oder mehr Geld zurück zu bekommen, verzichteten aber mit einem Blick auf die Uhr auf die zu erwartende weitere Diskussion und konnten um 15:15 Uhr endlich weiter­fahren.

Bild: Bier-Etikett In Kandi tranken wir erst mal in Ruhe ein Bier, ließen unsere Pässe abstempeln, kauften Zwiebeln, Brot und Brüh­würfel und versuchten FF in CFA zu tauschen, was uns jedoch nicht gelang. Auf dem Markt aßen wir frisch zubereitete, sehr gut schmeckende Maismehl­kuchen (pro Stück DM 0,05) und gaben für eine weitere Flasche Bier (für jeden) unser letztes beninisches Geld aus.

Zur Nacht fuhren wir zwei Kilo­meter aus dem Ort hinaus und ließen uns unter einem Riesen­baum nieder. Horst besaß einen richtigen Topf, wir konnten unsere Zwiebel­suppe also in einem "Rutsch" kochen und essen (nicht, wie sonst mit unserer Konserven­dose immer etappen­weise). Anschließend gab es noch Kaffee, Milch und dann Whiskey mit Wasser. Schon beim Essen hatte uns das Wetter­leuchten erfreut, welches den gesamten Horizont beleuchtete.

Um ca. 22:00 Uhr gingen wir ins "Bett", wurden aber gegen Mitter­nacht wieder geweckt, da das Wetter­leuchten, inzwischen mit Donner und leichtem Wind, bis zu uns heran­gekommen war. Im Laufe der folgenden 1½ Stunden erlebten wir ein richtiges, tropisches Gewitter: Zuerst das Wetter­leuchten, dass die ganze Gegend taghell erleuchtete (und zwar ununter­brochen), dann immer stärker werdenden Wind, bis hin zu Sturm in Stärken von 9 - 10 Bft, schließ­lich auch Regen und zum Schluss kam alles zusammen.

An Schlaf war nun nicht mehr zu denken, erstens war alles pitschnass und zweitens war ein ehedem trockener See in der Nähe nun mit Wasser gefüllt, was die dort lebenden Frösche "zum Leben erweckt" hatte. Sie veran­stalteten ein Quak-Konzert, in enormer Laut­stärke, die ganze Nacht hindurch. Wir gingen zu diesem Teich, die Laut­stärke dort war unerträglich, aber es war ein eindrucks­volles Natur­schauspiel (Hörspiel?).

Die Luft hatte sich merklich abgekühlt, die Regen­zeit war gekommen. Ich versuchte -voll bekleidet- noch etwas Schlaf unter dem Lkw zu finden.

Donnerstag, 1.5.80

45°C, heiter bis wolkig, 305 km

Bild: Der Teich Nachdem ich aufgewacht war, ging ich mit Horst zu dem Teich und wir wuschen uns, wie immer etwas provi­sorisch, aber diesmal gründ­licher, da wir mit dem Wasser nicht sparen mussten. Anschließend früh­stückten wir, zusammen­gedrängt im Lkw, weil es außen noch zu nass war. Als wir auf­brechen wollten, sprang der Käfer nicht an. Um 10:45 Uhr hatten wir ihn endlich zum Laufen gebracht -auch einen zuerst nicht mit­laufenden Zylinder- und fuhren los.

Die Vegetation bestand hier hauptsächlich aus Busch­wald. Oft sahen wir bis zu zwei Meter hohe Termiten­hügel an der Straße und überall huschten Leguan-ähnliche Echsen über Straßen, Wege und sogar Mauern. Auch Vögel gab es in großer Zahl und man hörte immer Zikaden, die hier bis zu 10 cm lang werden sollten.

Um 14:30 Uhr erreichten wir Parakou, wechselten Geld, aßen und tranken etwas. Nach dem Mittag -gegen 16:00 Uhr- fuhren wir zur Polizei, wo uns ein offen­sichtlich betrun­kener Polizist über­reden wollte, bis zum nächsten Tag in Parakou zu bleiben, weil der angeblich einzige Mann, der diese Abfer­tigung vornehmen könnte, nicht anwesend sei. Wir machten ihm klar, dass wie uns das schon aus finanziellen Gründen nicht leisten könnten und er zwängte sich zu Bernd in den Volks­wagen, um den Abfer­tigungs-Chef suchen zu fahren. Schon nach einer halben Stunde kamen die beiden zurück und der Polizist erklärte, sein Chef käme bald.

Da uns die Zeit zu kostbar war, fuhren die anderen tanken und ein­kaufen, während ich wartete. Nach einer weiteren halben Stunde kam der "Ober­spinner" endlich und nach 10 Minuten hatte ich meinen Stempel im Pass.

Bild: Tanken mit Handpumpe Gegen 18:00 Uhr kamen auch die anderen zurück, steckten ihre Pässe ein und erzählten mir, dass der Tank­wart, bei dem sie den Lkw mit Diesel versorgt hatten, die ganzen 160 Liter mit einer Hand­pumpe hatte fördern müssen, da die Tank­säule keine elektrische Pumpe besaß.

Zum Abend­essen kurz vor zwanzig Uhr gab es Paprika-Suppe mit Sago und Tomaten­mark, Kaffee und eine riesige Ananas -ca. 2,5 kg- die nur DM 2,00- gekostet hatte. Da Peter mit unserem mühsam gekühlten Wasser mal wieder zu verschwen­derisch umge­gangen war, sah es mit einem Whiskey mit kühlem Wasser einiger­maßen schlecht aus. Am westlichen Horizont sahen wir schon wieder Wetter­leuchten hinter den Wolken und ich über­legte, mein Zelt aufzu­stellen. Da der Mond am östlichen Horizont aber an einem völlig klaren Himmel unterging, sparte ich mir die Mühe.

Freitag, 2.5.80

25°C, bedeckt, Regen, 373 km

Nachts um 4:00 Uhr fing es dann doch wieder an zu regnen. Horst, Peter und ich zogen uns in das Lkw-Führer­haus zurück und versuchten, dort zu schlafen. Obwohl es uns selbst unwahr­scheinlich erschienen war, schliefen wir tat­sächlich ein.

Um halb sieben beschlossen wir, aufzu­stehen und zu früh­stücken. Da unser Brenn­stoff zu Ende ging, kochten wir -unter dem Lkw- im Kaffee­wasser auch ein paar Eier.

Ein paar Kilo­meter weiter mussten wir in einem Dorf schon wieder eine Pass­kontrolle über uns ergehen lassen. Als wir schon fast zur Weiter­fahrt bereit waren, fragte Bernd, ob wir fotogra­fieren dürften. Mit Erlaubnis schoss Bernd ein Foto und ein anderer Polizist -scheinbar höherer Dienst­grad- sah das und machte Terror: Wir hätten ein mili­tärischen Geheimnis (Lehm­hütte mit dem typischen "Zwei - Fässer - mit - Seil - dazwischen - Schlag­baum") fotografiert. Wir erklärten ihm, dass wir seinen Kollegen um Erlaubnis gefragt hatten, aber er ging wort­los in seine Lehm­hütte und kam mit einer Maschinen­pistole im Anschlag wieder heraus. Da wir nicht sofort reagierten und ihm die Kamera aushän­digten, ent­sicherte er die Waffe.

So überredet, gaben wir ihm die Kamera. Er entfernte den Film zusammen mit der Leer­spule und gab uns den Apparat zurück. Wir brauchten eine halbe Stunde, um ihn davon zu über­zeugen, uns auch die Leer­spule wieder­zugeben (Es war immerhin unser einziger noch ordent­lich funktionie­render Foto­apparat und ohne Leer­spule war er wertlos).

Je weiter südlich man kam desto stärker hatte sich schein­bar das Christen­tum durch­gesetzt. Immer häufiger sahen wir auch in kleineren Orten relativ große, sogar aus Stein erbaute Kirchen mit Kreuzen und bunten Glas­fenstern. Viele Frauen liefen trotzdem "oben-ohne" rum, was für uns verwöhnte junge Kerle optisch aller­dings in den seltensten Fällen ein Vergnügen war.

Um 14:30 Uhr erreichten wir Bohicon und versuchten -mal wieder ver­geblich, Geld zu wechseln. Die Bank hatte geschlossen und der Manager im einzigen Hotel wechselte nicht. Amerikanische Dollar waren in Benin leider nicht so angesehen, wie wir gehofft hatten, wesent­lich besser kam man mit Franzö­sischen Francs weiter. Also liehen wir uns von Horst etwas ein­heimisches Geld, tankten, kauften noch etwas Brot und fuhren bereits eine halbe Stunde später weiter.

Was uns hier in Benin -neben dem Unge­ziefer- am meisten störte, waren die Ein­heimischen in Uni­form, die sich fast wie Halb­götter vorkamen. Mit der Zeit entwickelten wir einen richtigen "Hass" auf alles, was schwarz aussah und spielten -quasi aus Rache- ein nieder­trächtiges "Spiel": Wenn wir auf einer noch so breiten Straße einen Farbigen ent­gegen­kommen sahen, schlug dieser sich in die Büsche. Vielleicht hatten sie schlechte Erfahrungen mit den technisch sicherlich oft unsicheren Lkws gemacht, wir unter­stützten sie jeden­falls in ihren Bemühungen und fuhren extra dicht an den Rand, worauf sie sich noch weiter ver­krümelten.

Bild: Truck auf Piste mit viel Wasser In Benin hatten die Leute eine für uns undurch­schaubare Art, ihre Straßen zu bauen: Ein paar Kilo­meter waren geteert, dann gab es ein paar Kilo­meter Piste, wieder einige Kilo­meter Asphalt, dann wieder Piste, usw. Die Pisten­abschnitte waren noch nicht aufge­weicht -wie mitten in der Regen­zeit, aber es gab schon einige Stellen, an denen es nicht ganz einfach war, das mit Wasser vollge­laufene Well­blech zu befahren.

Nachdem wir in Allada endlich eine Tank­stelle gefunden hatten, die sogar Benzin hatte, tankten wir (für CFA 1.500, die Horst uns wieder lieh) und fuhren weiter in Rich­tung Cotonou. Jetzt wurde die Strecke auch besser, nicht mehr dauernd von Pisten­abschnitten unter­brochen oder von bis zu 20-20 cm tiefen Schlag­löchern fast unpassier­bar gemacht.

Genen 17:00 Uhr erreichten wir -nach 7.600 Kilometern- unser Ziel: Cotonou. Eine halbe Stunde später hatten wir auch schon das Hotel BABU gefunden, dass uns von Truckern und Globe­trottern als preis­wert empfohlen worden war. Die Zimmer waren primitiv, aber sauber und hatten sogar eine Dusche. Aller­dings bestand Peter auf seinem -seiner Meinung nach berechtigten- Anspruch auf ein Zimmer mit Klima­anlage und gekacheltem Bad. So fuhren wir weiter, statteten dem Hotel DU LAC einen Besuch ab, waren aber ein­stimmig der Meinung, dass diese Herberge wohl doch eine Nummer zu gut sei (absolute Luxus­klasse), außerdem in privater Hand und daher extrem teuer. Endlich stiegen wir im Hotel PACIFIC ab, Über­nachtung im Doppel­zimmer für DM 45.

Wir gingen auf unsere Zimmer und duschten ENDLICH, wuschen die Haare (das Wasser nach der ersten Haar­wäsche hätte man ohne weiteres als Ochsen­schwanz­suppe verkaufen können) und ruhten uns etwas aus. Anschließend versuchten wir, im DU LACGeld zu wechseln, wo man sich aller­dings weigerte, uns aber mitteilte, dass die Banken auch am kommenden Samstag zwischen 7:00 und 10:00 Uhr geöffnet hätten.

Also kehrten wir zurück in unser Hotel, aßen zu Abend (Salat, Steak, Pommes Frites, Erbsen und Bohnen), tranken diverse Biere und begaben uns um 23:00 Uhr in unsere Gemächer. Die erste Nacht in richtigen Betten schliefen wir wie Steine -oder Babys.

Samstag, 3.5.80

40°C, sonnig

Um halb acht wurde ich wach, weil Peter versuchte, den Lkw anzu­lassen, der direkt unter dem Fenster stand. Wir früh­stückten und fuhren in die Stadt, um eine Bank zu suchen. Zwar gab es zahl­reiche Banken, einige richtige Bank­paläste, aber nur eine einzige, die Geld wechseln durfte (der CFA war keine konver­tierbare Währung). Diese einzige Wechsel­bank fanden wir gegen 9:45 Uhr, aber die Pforten waren bereits geschlossen (damit die Ange­stellten auch pünkt­lich um 10:00 Uhr Feier­abend machen konnten).

Also fuhren wir weiter. Für europäische Gemüter wäre diese Stadt eine Zumutung gewesen: Jeder fuhr, wie er gerade wollte, die wenigen funktionie­renden Ampeln wurden nicht beachtet und man "verständigte" sich mittel Hupe und -was und sehr verwunderte- scheinbar auch der Scheiben­wischer (den "Code" konnten wir während unseres Aufent­haltes nicht knacken). Auch die Straßen waren schlimm: meter­große Schlag­löcher auf der Fahr­bahn. Die Autos fuhren daher oft einfach über die Fuß­wege. Außerdem gab es Un­mengen von Mofas, die sich den Teufel um die Autos scherten.

Um ggf. Hilfe beim Verkauf der Fahr­zeuge und bei den dann anstehenden administra­tiven Dingen zu erhalten, fuhren wir zur SONATRAC, der Staats-Spedition, wo Peter einen Geschäfts­freund hatte. Dieser empfing uns tat­sächlich im Büro (gut einge­richtet, mehrere Telefone, Besucher­ecke, durchaus europäischer Standard) und riet uns, ent­weder am Flug­hafen oder auf dem Schwarz­markt Geld zu tauschen. Bevor wir uns verab­schiedeten, versprach er, und am Nach­mittag im Hotel zu besuchen.

Wir fuhren also zum Flug­hafen, fanden aber in der Wechsel­stube niemanden vor. Man sagte uns, der Ange­stellte wäre "bald" zurück. So warteten wir, diesmal nicht in der prallen Sonne, sondern in einer kühlen Flug­hafen­halle mit leiser Musik, die aus einem Platten­geschäft herüber­schallte. Nachdem wir endlich US$ 379 gewechselt hatten, fuhren wir zurück ins Hotel und aßen zu Mittag.

Bild: Etikett der Bierflasche Bernd trank nur einen Tee, da er sich eine Magen­verstimmung zuge­zogen hatte, Peter und ich nahmen russischen Salat, Omelette und Brot, dazu das schon fast obligatorische Bier "Flag". Diese Bier war gut gekühlt und schmeckte vorzü­glich.

Bild: Markt Zur besseren Verdauung legten wir uns anschließend zu einem Mittags­schläfchen nieder. Gegen 16:00 Uhr fuhren Bernd und ich gut erholt in die Stadt und sahen uns den Markt von Cotonou an: Auf einer Fläche von mindestens vier Quadrat­kilo­metern reihte sich Stand an Stand.

Bild: Auf dem MarktIn der Haupt­sache wurden allerdings nur vier verschiedene Waren angeboten: Die bereits erwähnten Mais­kuchen -die wir des öfteren aßen- eine Art Schwarz­wurzel, Fisch und alle Arten von Plastik­waren. Der Markt war vollgestopft mit Menschen, Farben, Gerüchen.

Vor dort fuhren wir weiter zum Flug­hafen (Post­karten einstecken, Drinks nehmen) und anschließend an die Atlantik-Küste. Das Wasser hatte hier dank des Golf­stroms eine Temperatur von ca. 30°C, Baden konnten wir aller­dings nicht, da der Strand (leicht) ölver­pestet war.

Zurück im Hotel, warteten wir -vergeblich- auf Peters Geschäfts­freund und aßen schließlich zu Abend. Peter bekam auch leichte Probleme mit seinem Magen. Ich -als der einzige, der aus jedem Kamel­brunnen getrunken hatte- war der einzige, der sich schein­bar bestens an die hiesige Umgebung angepasst hatte, die beiden "vorsichtigen" litten an Magen­ver­stimmungen.

Sonntag, 4.5.80

30°C, Regen

Um 9:00 Uhr kam Horst zu uns, um sich zu verab­schieden. 1 ½ Stunden später schafften wir es dann auch, aufzustehen, zu duschen und zu früh­stücken. Es gab Kaffee mit Milch, Brot, Butter, Marmelade und Omelette. Anschließend widmeten sich Bernd und Peter der Pflege und Reinigung der Fahr­zeuge, während ich Wäsche wusch und meine Reise­tasche packte. Wir hatten geplant, anschließend an den Strand zu geben, es begann aber zu regnen, weshalb wir im Hotel blieben, knobelten, Karten spielten und faulenzten.

Am Abend lernten wir einen Belgier und zwei Schwarze kennen, die eben­falls hier im Hotel wohnten. Mit diesen zusammen gingen wir in die Diskothek PLAYBOY. Dort musste ich -mitten in Afrika- auf Orangen- oder Ananas­saft zu meinem Campari verzichten: Gab es nicht. Peter wurde von einer Schwarzen ange­sprochen und fühlte sich gleich wie ein weißer Pascha, besonders, als die Kleine ihn fragt, ob er mit ihr schlafen wollte (Sie kannte sogar das deutsche Wort "bumsen"). Es stellt sich dann heraus, dass sie eine Professionelle war und Peter lehnte -sichtlich ent­täuscht- ab.

Um Punkt 23:00 Uhr hörte die Musik schlag­artig auf, die hand­geschaltete "Licht­orgel" stand still, das Licht ging an und der ganze Laden war innerhalb weniger Minuten leer: Polizei­stunde, die Leute sollen ja am Auf­bau des Sozialismus arbeiten. überall in den Straßen hingen Plakate und Spruch­bänder -schlimmer, als in der DDR- mit Hetz­parolen wie: "Ermordet die Feinde des Marxismus".

Montag, 5.5.80

45-50°C, sonnig

Nachdem wir um 7:00 Uhr aufgestanden waren, fuhren wir zum Büro der AEROFLOT (wo es angeb­lich die billigsten Flüge gab). Dort war aller­dings niemand anzutreffen, auch später haben wir nie gesehen, dass jemand im Geschäft war. Mit einem Zwischen­stopp bei unserer Botschaft -um Zeitungen zu besorgen- ging es weiter zur AIR FRANCE, um dort ein Flug­ticket für mich zu besorgen, da mein Urlaub zu Ende ging. Bernd und Peter hatten ihre Jobs gekündigt, Bernd wechselte anschlie­ßend die Firma, Peter hatte verein­bart, wieder einge­stellt zu werden. Ich hingegen hatte "nur" meinen gesamten Jahres­urlaub genommen, weil ich ja noch mitten in der Lehre steckte.

Wir wechselten bei der Bank fast unser gesamtes restliches Geld, bezahlten das Ticket (DM 1.995) und fuhren zurück ins Hotel. Nachdem wir Peters Einzel­zimmer gekündigt hatten früh­stückten wir. Später fuhren wir zu potentiellen Kunden für die Fahr­zeuge. Weil uns auch ein Interessent in Lomé avisiert worden war, fuhr Bernd mit dem Käfer dorthin, während Peter und ich den Starter des Lkw reparieren wollten. Dies gelang uns nur teilweise, weil wir es schafften, bei den Arbeiten die Batterie zu entladen.

Als Peter unterwegs war, um weitere Ersatz­teile zu besorgen, wurde ich von einem weiteren Interessenten ange­sprochen, der für den -aller­dings verzollten- Truck DM 35.000,00 (CFA 3,5 Mio.) zahlen wollte. Die Verzollung sollte allerdings sehr umständlich und sehr teuer (Zoll­satz 30-35 Prozent) sein, so dass wir hier­über zuerst mit Peters Freund von der SONATRAC sprechen.

Um 14:00 Uhr kam Bernd zurück, hatte aber nicht erreicht. Wir fuhren zur SONATRAC, kamen aber zu spät, da an diesem Tag bereits um 14:00 Uhr Feier­abend zu sein schien.

Auf der Rück­fahrt zum Hotel wurden wir von der Polizei ange­halten. Wir hatten uns zwar nicht um sein Gepfeife gekümmert, hatten aber -um Zigaretten zu kaufen- hinter einer Ecke ange­halten, weil wir nicht gemerkt hatten, dass der Polizist uns gefolgt war. Er verlangte CFA 5.000, wofür bekamen wir nicht heraus. Nachdem wir ihm erzählt hatten, wir seien arme Studenten und hätten diese Bildungs­reise von unserer Oma spendiert bekommen, redu­zierte er seine Forde­rung auf CFA 2.000 - aber ohne Quittung (also in die eigene Tasche). Wir bezahlten.

Zurück im Hotel, beschlossen wir, unsere Taktik zu ändern. Wir wollten nur noch vor dem Hotel sitzen und auf mögliche Kunden warten. Das dauernde durch die Stadt fahren kostete nämlich einen Haufen Sprit. Außerdem schien es sich herum­gesprochen zu haben, dass wir die Fahr­zeuge verkaufen wollten, denn es kamen öfter Interessenten vorbei.

Um 15:00 Uhr legte ich mich noch etwas hin, da mein Flug um 18:00 Uhr gehen sollte und ich erst um 6:00 Uhr am kommenden Morgen in Paris eintreffen würde. Nach anderthalb Stunden ging ich wieder auf die Hotel­terrasse, wir tranken etwa und unterhielten uns mit zwei Franzosen. Sie suchten ein billiges Hotel und wir empfahlen das BABU. Dann fuhren wir zum Flug­hafen und setzen die beiden Franzosen beim BABU ab.

Bild: Bordcarte Auf dem Flug­hafen holte ich mir meine Bord­karte für den Flug von Cotonou nach Abidjan und ging dann zur Polizei­kontrolle. Es musste ja irgend etwas schief gehen: Der Beamte verlangt eine Anmeldung für Cotonou, die man aber nur in der Stadt erhielt. Wenn ich jetzt noch zurück gefahren wäre, hätte ich mit Sicher­heit meinen Flieger verpasst. Der Polizist hatte dann doch ein Einsehen, ich wurde abgefertigt, sogar ohne das zwischen­zeitlich bereit­gelegte "Trinkgeld" (CFA 2.000) benutzen zu müssen. Die Zoll­kontrolle verlief sehr ober­flächlich -ich hatte auch nur eine kleine Reise­tasche. Nachdem ich mit von Bernd und Peter verab­schiedet und ihnen viel Glück gewünscht hatte stieg ich in das -hoffentlich richtige- Flugzeug, eine nicht mehr ganz neue Caravelle.

Es war der richtige Flieger, denn wir erreichten nach einer halben Stunde Lomé von wo es nach 15 Minuten Aufent­halt nach Abidjan weiter­ging. Dort trafen wir um 20:50 Uhr (bzw. 19:50 Uhr Orts­zeit) ein und verließen das Flug­zeug. Bild: Bordkarte In der Halle trank ich für meine letzten CFA ein Bier und begab mich dann in die DC 10 der Air Afrique, die uns nach Paris bringen sollte. Um 21:00 Uhr hoben wir ab. Auf dem gesamten Flug tropfte mit Kondens­wasser aus der Klimaanlage auf den Kopf.

Wir hatten in der Caravelle nur ein Sandwich bekommen, jetzt gab es eine richtige Mahl­zeit: Gurken­salat, Fleisch mit Reis und Sauce, Brot, Butter, Käse, Wasser und Kuchen.

Um 22:45 Uhr landeten wir zu einem 45 minütigem Zwischen­stopp in Bamako. Dort in der Halle des Flug­hafens tobte das Leben, es gab sogar Leute, die -auf offenem Feuer- Essen kochten. Auf dem Weiter­flug las ich noch etwas, während einige Mit­reisende über Kopf­hörer (zu 15,00 Franc) Musik hörten oder einen Film anschauten. Später schlief ich ein.

Dienstag, 6.5.80

15°C, bedeckt

Bild: Einreise-Karte Um 6:00 Uhr wurden wir geweckt und bekamen Früh­stück. Anschließend wurden "Einreise­karten" verteilt, die wir aus­füllen mussten, um in Fran­kreich einreisen zu können. Als ich meine Karte fertig beschriftet hatte, baten mich einige Mitreisende, ihre eben­falls auszu­füllen, da sie des Schreibens nicht mächtig waren. Drei dieser Analphabeten waren -angeblich- Außen­handels­kaufleute aus Mali. In der Spalte für das Geburts­datum sollte ich notieren: "vers 1948" (heißt: ca. 1948).

Um 7:45 Uhr setzten wir in Paris auf, verließen das Flug­zeug und stellten uns bei der Einreise­kontrolle des Flug­hafens "Charles de Gaulle" an. Einige unserer Passagiere wurden nicht eingel­assen, sondern zurück nach Afrika geschickt -auch einer, dem ich seine Karte ausgefüllt hatte- da sie illegal versucht hatten, nach Frank­reich einzureisen.

Bild: Am Flughafen Charles de Gaule Der Flughafen "Charles de Gaulle" war berühmt für seine futu­ristische Innen­aus­stattung z.B. Roll­treppen, die in Plexi­glas­röhren ver­liefen.

Ich wechselte etwas Geld, aß ein Croissant, trank einen Kaffee, kaufte mir eine Bahn­fahrkarte und fuhr dann mit der Metro und Bus zum Bahn­hof "Gare du Nord", wo ich gegen 10:00 Uhr eintraf. Mein Zug in Richtung Hamburg sollt erst um 13:00 Uhr gehen und ich hatte somit genug Zeit, noch zahl­reiche Croissants und Kaffees zu mir zu nehmen. Ich besorgte mir noch ein Buch und den "Stern" und aß im Bahnhof­restaurant zu Mittag, da ich die FF 100,00 noch "auf den Kopf hauen" musste.

Der Zug fuhr pünkt­lich und es ging über St. Quentin und Brüssel nach Köln, wo ich kurz ausstieg, deutsches Geld besorgte und einen Playboy und etwas zu essen kaufte. Um 19:00 fuhren wir weiter, quer durch das Ruhr­gebiet. In Afrika wäre es um diese Zeit schon stock­dunkel gewesen. Osna­brück und Bremen waren passiert, als ich um 23:30 in Hamburg am Haupt­bahnhof ankam.

Mittwoch, 7.5.80

15°C regnerisch

Um 0:30 war ich wieder zu Hause.

Zusammenfassung (Strecken, Temperaturen, etc.) - Landkarten (Streckenführung) - Mängel-Liste (final)

Bild: Der letzte Dollar Das einzige Geld, dass ich noch in der Tasche hatte, war ein US-Dollar, der so aussah, als wäre er einmal quer durch die Sahara gekommen.